Kürzlich flatterte die Presseinfo eines Büromaterialherstellers in die CEK-Geschäftsstelle: Es gäbe da eine neue Notenmappe, die in enger Zusammenarbeit mit Chorleitern entwickelt wurde … Auffallend ist ja schon, dass die allermeisten Chöre beim Auftritt ihre Noten in einem schwarzen Umschlag zusammenhalten, als wenn diese Farbe ein Naturgesetz wäre. Wie zum Beweis ist auch das angekündigte neue Modell schwarz. Aber bekanntlich kommt es ja auf die inneren Werte an. Ein guter Grund also, mal näher hinzuschauen. Was gibt es für verschiedene Arten und Ausführungen, welches Gimmick ist gut, welches ist weniger praktisch? Hier sind die Details der Untersuchung, Hinweise von Sängerinnen und Sängern aus dem Chor und eine ganz persönliche Bewertung.
Grundsätzlich gilt natürlich: Es gibt nicht die eine Chormappe, die alles hat und kann. Wie auch, die Bedürfnisse der Menschen, die sie nutzen, sind sehr unterschiedlich. Dem einen ist wichtig, wenig Gewicht halten zu müssen, der anderen ist wichtig, Noten aller denkbaren Formen und Formate unterbringen zu können. Die eine legt Wert auf ein Namensschild, der andere auf einen stets griffbereiten Bleistift. Entscheidend bei diesem Vergleich ist demnach weniger das Fazit als die Features, die jede einzelne Mappe auszeichnen. Die Tabelle zeigt alles im Überblick.
Choir Folder Black von Thomann
Dieses Modell fällt sofort auf, weil es so leicht ist. Die gerade mal 175 Gramm unterbieten alle anderen Mappen im Vergleich. Das schlägt sich auch im Preis nieder, EUR 8,90 markieren ebenfalls den geringsten Wert. Thomanns Kunststoffmappe wird außen von einem Textilband gerahmt und enthält sechs Fäden zum Einhängen einmal gefalzter Noten, also Einzelausgaben oder Faltblätter. Aber auch ein ganzes Buch lässt sich einlegen und seine Umschlagseiten in den Laschen rechts und links sicher befestigen. Das Format passt prima für Noten bis DIN A4-Größe. Am Rücken der Mappe gibt es einen elastischen Haltegriff, in den sich die Tragehand beim Singen gut einführen lässt. Zu kritisieren ist aber die innen rechts angebrachte Stiftlasche: Sie ist viel zu groß, um einen handelsüblichen Bleistift festzuhalten, und allenfalls für einen Stift mit Clip geeignet, der das Durchrutschen verhindert.
Classic Cantabile Standard von Kirstein
Lange galt diese Machart als der „Mercedes“ unter den Chormappen, sie ist bei ambitionierten Sängerinnen und Sängern, vorzugsweise in Kammerchören, sehr beliebt. Kirsteins Modell ist aus genarbtem Kunstleder gefertigt, sehr fest und demzufolge auch sehr schwer. An acht elastischen Fäden lassen sich Notenblätter einspannen, vorn und hinten gibt es zusätzlich Einstecktaschen für weitere (dann aber nicht blätterbare) Materialien. Markant sind die Metallecken außen, die die Mappe vor Stößen schützen, sowie das textile Halteband am Rücken. Als unpraktisch erweist sich das Sperrband an der Unterseite der Mappe, das das Aufklappen bei 115° begrenzt; es ist also nicht möglich, die Mappe offen auf ein Notenpult oder einen Tisch zu legen, was das Einfädeln der Noten vereinfachen würde. Erst bei einer Deluxe-Version kann man das Sperrband öffnen. Diese verfügt dann außerdem auch über ein herausnehmbares Ringordnerelement für gelochtes Papier – bringt aber nochmal 100 Gramm (25%) mehr auf die Waage bzw. den Unterarm. Der Preis von EUR 21,90 (Standard) bzw. EUR 26,90 (Deluxe) erscheint nicht überzogen.
Chormappe „Choir Folder“ von Agifty
Für nur EUR 9,90 bietet der österreichische Hersteller Agifty seinen „Choir Folder an“. Auch hier dominiert schwere Kunstleder-Qualität, die aber deutlich edler wirkt als bei Kirstein. Und während jene Mappe in ihren Außenmaßen die Breite betont, fällt bei Agifty nun die vergleichsweise schlanke Höhe auf. Beides geht jedenfalls deutlich über DIN A4 hinaus – nur in unterschiedliche Richtungen. Noten lassen sich in die Agifty-Mappe an fünf elastischen Fäden einspannen. Diese sind außen am Rücken über die ganze Höhe mit dickem Kunstleder verkleidet und lassen sich als Griff nutzen, auch wenn der recht stramm sitzt. Dafür ist die elastische Stiftlasche exakt passend für einen normalen Bleistift.
Gloria von Falken
Seit Sommer 2025 ist nun dieses Modell erhältlich. Auffallend ist ein 28mm dickes schwarzes „Rohr“ am Rücken. Es hat keine weitere Funktion als die, gut in der Hand zu liegen. Und in der Tat, die Mappe trägt sich dadurch sehr angenehm. Im Übrigen ist sie aus fester, einem Aktenordner ähnlichen Pappe gefertigt und schmeichelt dem Auge außen mit einer Art Nadelstreifenlook. Innen gibt es ein Ringordnerelement. Zusätzlich dienen vier Gummibänder, sichtbar über den Deckel geklemmt, als Halterung für ungelochte Noten. Die einfache Konstruktion hat Vorteile: Die schwarzen Bänder lassen sich leicht verschieben, ergänzen oder ersetzen. Wer das eine rote nicht mag – eigentlich ein augenzwinkerndes optisches Extra –, kann sich also leicht helfen. Die Version „Gloria Pure“ verfügt über sechs statt vier Bänder, eines davon in Gelb, hat dafür aber keine Ringmechanik. Unverständlich ist bei beiden Modellen, warum auf der Innenseite rechts ein dicker goldener Werbeaufkleber prangt; die dezente „Falken“-Prägung auf Titel- und Rückseite hätte als Herstellernachweis vollkommen genügt. Kritik zieht außerdem das übergroße Format auf sich; jeweils 2,5 cm weniger an Höhe und Breite würden die Mappe deutlich praxiskompatibler machen. Dann könnte sie vielleicht auch preiswerter angeboten werden, denn fast 40 Euro erscheinen doch recht viel für das im Grunde simple Konzept und Material ohne weiteren Schnickschnack. Achtung, die Ecken sind stoßgefährdet.
Music Folder Choir von Agifty
Ein fertiges Ringbuch mit 20 Klarsichtfolien: Mit dieser anthrazitgrauen Kunststoffmappe schickt Agifty noch einen weiteren Kandidaten ins Rennen, der so ganz anders ist. Hier lassen sich 40 DIN A4-Blätter einbringen – wahlweise in die Folientasche (wie man das kennt) oder vor sie. Denn man kann die Notenblätter auch nur in an jeder Tasche oben und unten zusätzlich angebrachte transparente Folienstreifen einklemmen, dann bleiben sie beschreibbar (jedenfalls die Fläche in der Mitte zwischen den Streifen). Sonderlich praktisch ist aber weder das Bestücken noch die Spiegelung der Folien im Sonnen- oder Scheinwerferlicht. Und wer aus gebundenen, geklammerten oder irgendwie gefalzten Noten singt, benötigt ohnehin etwas anderes, dieses Modell ist ausschließlich für Einzelblätter geeignet.
Fazit
In der Probenpause waren alle Mappen ein Magnet für die Sängerinnen und Sänger. Ob das die neuen Chormappen wären? Ach so, schade, nur ein Test. Na, zeig mal her … Am wenigsten Beachtung bekam dabei der zuletzt beschriebene Ringbuch-Folder. Vielleicht weil er nicht richtig schwarz ist? Von den übrigen Modellen fand aber jedes mindestens einen Fan. Einige hoben den auffallenden Rohrgriff der Falken-Mappe hervor, ein anderer den hochwertigen Look von Agiftys Choir Folder. Das „Unkaputtbare“ des Classic Cantabile mit all seinen Finessen hat nach wie vor seine Anhänger. Mein persönlicher Favorit aber (und der einiger weiterer Mitsängerinnen) ist Thomanns Choir Folder Black, von dem mich vor allem Gewicht und Abmessungen überzeugen. Beim Auftritt bin ich dankbar für jedes Gramm, das ich nicht in der Hand halten muss. Weniger ist eindeutig mehr! Übrigens auch beim Preis. 😉
Völlig irrelevant ist dieser Notenmappenvergleich für die immer größer werdende Gruppe derer, die mit iPad oder Tablet vor ihrem Publikum stehen. Ebenfalls schön schwarz umhüllt, hat die digitale Form viele praktische Vorteile von farbigen Notizen über „immer alles dabei“ bis zur automatischen Beleuchtung – aber zugleich auch den fest eingebauten Nachteil des großen Gewichts. Nicht zuletzt deshalb konnte ich mich bislang nicht vom guten, alten bedruckten Papier lösen. Und dafür kann ich mir jetzt, passend zur selbstverständlich schwarzen Chorkleidung, das beste schwarze Noten-Drumherum aussuchen.
Niklas Dörr

























